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Damit der Glaube wachsen kann – Was ist gute Vorbereitung?

Nach Ostern beginnen sie in vielen Gemeinden wieder – die Erstkommunionfeiern. Fahnen werden gehisst, Kirchen geschmückt und Musikgruppen üben. Es läuft wie immer. Doch im Hintergrund ist vieles im Umbruch.
Kaum ein Tag im Leben eines Katholiken oder einer Katholikin ist emotional so aufgeladen wie das Fest der Erstkommunion. Die meisten haben Erinnerungen an diesen besonderen Tag, an die festlichen Kleider, den Besuch der Verwandten und die Geschenke. Seit den 1970er Jahren geht diesem Fest eine Vorbereitung in den Gemeinden voran, organisiert von ehrenamtlichen Katecheten und Katechetinnen. Doch was sich lange bewährt hat, ist heute nicht mehr immer das Mittel der Wahl. Ein Knackpunkt ist: Wie binden Katecheten und Hauptamtliche Familien mit ein?
Diese hat Sandra Pantenburg, Referentin für Liturgie und Glaubenskommunikation im Bistum Limburg, auch im Blick angesichts gesellschaftlicher Veränderungen. Zunehmende berufliche und schulische Anforderungen sowie gestiegene äußere Einflüsse, etwa durch Soziale Medien, müssen ihrer Meinung nach auch bei katechetischen Angeboten berücksichtigt werden.
Wie können sich Familien einbringen?
„Wir merken einfach, dass bei den Familien die Zeit sehr knapp ist und es bei ihnen wie auch bei den Ehrenamtlichen auf ‚Quality-Time‘, eine gute Zeit, ankommt. Anstelle von Frust und Absolvierung eines Pflichtprogramms wünschen sich alle eine gefüllte, schöne Zeit, die für den Alltag stärkt“, berichtet sie. „Die Feier, in der die heilige Kommunion zum ersten Mal empfangen wird, soll ja eigentlich der Beginn eines Wachsens im Glauben sein. Es ist umso schöner, wenn diese Erfahrung die ganze Familie machen kann.“
Zum einen möchte sie auf Erfahrungspastoral setzen. „Wenn Familien gemeinsame Erfahrungen machen können, dann bewirkt es viel. Glauben kann man nicht in erster Linie erlernen. Glaube ist etwas Lebendiges und sehr Individuelles. Ein Buch über die Regeln des Fußballs lese ich erst mit Freude, wenn ich in einem Stadion selbst die Stimmung erlebt habe“, erklärt sie. Zum anderen findet sie es wichtig, dass Katecheten und Katechetinnen schauen, was Familien mitbringen und darauf flexibel reagieren. Wo können Familienangehörige ihre Fähigkeiten und Talente in die Vorbereitung auf das Fest einbringen? Welche zeitlichen Kapazitäten haben sie? „Viele Kollegen und Kolleginnen gehen mit den Familien in ein persönliches Gespräch. Dabei stehen Fragen im Mittelpunkt wie: Was bedeutet es, dass Jesus den Lebensweg begleitet und die Eucharistie eines der ganz persönlichen Zeichen dafür ist?“, meint sie.
Pantenburg sieht diese Veränderungen durchaus auch als Herausforderung, aber auch als Chance für die Pfarreien. „Wie aktuelle Studien zeigen, wird die deutsche Kirche in den kommenden Jahren einen deutlichen Wandel durchleben. Es wird zum Beispiel in den Pfarreien immer weniger Personal geben. Da gilt es kreativ mit den vorhandenen Ressourcen umzugehen und Mut zu haben, so dass Neues werden kann“, sagt sie.
Eine solche Gemeinde, die immer wieder neue Ideen hat, ist zum Beispiel St. Birgid im Nordosten von Wiesbaden. Die Taschenlampenführung durch die Kirche mit anschließender Turmbesteigung musste Gemeindereferent Johannes Mockenhaupt drei Mal hintereinander anbieten. So groß war die Nachfrage. Spannend war es sicher, denn es galt, geheimnisvolle Wörter zu suchen. „Die Kinder haben bei uns Spaß und lernen etwas, wie etwa, was ein Tabernakel ist“, sagt Mockenhaupt. Seit acht Jahren bereitet er mit dem Pastoralteam die Kinder auf ihre erste Teilnahme an der Eucharistie vor. 90 Jungen und Mädchen sind es dieses Jahr. Im Verhältnis zu der Zahl der Eingeladenen ist die Zahl konstant.
Jedes Jahr ist die Vorbereitung anders. „Familien haben heute ein Riesenprogramm. Wir möchten immer ein Angebot machen, dass es Familien ermöglicht, zu kommen. Und sie sollen sich bei uns wohlfühlen. Familien haben oft am Wochenende die meiste freie Zeit. Danach richten wir uns“, sagt er. Sie werden zu einer „Erklärten Messe“ oder einer Smartphone-Fahrrad-Rallye eingeladen. Eltern können bei einem Kirchencafé Kontakte schließen, während ihre Kinder bei der Katechese sind. Zu sogenannten Bausteinen können Kinder sich zusätzlich anmelden, etwa zu Ausflügen. Zum Programm gehören auch Gruppenstunden vor Ort, die von ehrenamtlichen Katecheten geleitet werden. „Das ist uns wichtig. Dafür werben wir am Anfang der Vorbereitung. Wir haben bisher immer Eltern gefunden, die mitmachen und über ihren Glauben sprechen wollten. Eltern können es besser, denn zwischen ihnen und den Kindern ist mehr Vertrautheit als zu uns“, sagt der Gemeindereferent.
Große Räume haben auch einen Mehrwert
Im Bistum Fulda gehen Gemeinden recht unterschiedlich mit der veränderten gesellschaftlichen Situation um, berichtet Sebastian Pilz, Abteilungsleiter Lebensalter und Familie. Viele Verantwortliche würden weiter die klassische Form der Vorbereitung mit Gruppenstunden anbieten, andere würden neue Formen ausprobieren. Insgesamt hat er den Eindruck, dass es ganz gut läuft. Aber: „Wir müssen die Rolle der Eltern und ihren Alltag in den Blick nehmen. Viele Familien haben kaum Kontakt zur Kirche und sind wenig sprachfähig. Wir sollten auch das Erleben mehr in den Mittelpunkt rücken“, meint er. Größere Einheiten sieht der Verantwortliche aus dem Bistum Fulda eher positiv. „Ehrenamtliche und Hauptamtliche können sich in größeren Räumen besser vernetzen und Ideen austauschen. Hier sehe ich einen Mehrwert. Es hat auch eine bestärkende Funktion, wenn Ehrenamtliche merken, dass sie nicht allein sind,“ sagt Pilz. Im Pastoralverbund Hessisches Kegelspiel im nordwestlichen Teil der Rhön haben sie schon einige neue Ideen entwickelt. Sie kommen bei den Jungen und Mädchen gut an, wie das Erstkommunionkind Johannes Klee aus dem Pastoralverbund erzählt: „Das Basteln der Schatztruhe, in die ich kleine Erinnerungen von jedem Weggottesdienst aufbewahren kann, und das Abendmahlspiel, wo wir Kinder die Jünger spielen durften, haben mir besonders gut gefallen“, sagt er. 
Es gibt keinen Druck
In der Pfarrgemeinde Frankfurt Bergen-Enkheim gehen sie einen anderen Weg. Hier treffen sich die Jungen und Mädchen einmal im Monat für einen ganzen Sonntag. Die Katechetinnen gestalten den Unterricht, Erzieherinnen und Erzieher aus dem Kindergarten betreuen die jüngeren Geschwister. Pfarrer Uwe Hahner bespricht in der Zeit mit den Eltern das Sakrament der Kommunion.
Auf erlebnisorientierte Pastoral setzen auch die Verantwortlichen im Pastoralraum Alzeyer Hügelland im Bistum Mainz. Sie stellen die Wegegottesdienste in den Mittelpunkt der Erstkommunionvorbereitung. Das sind Wortgottesdienste für die ganze Familie. Segen verdeutlichen sie mit großen Schirmen und den Heiligen Geist mit kleinen Windrädern. „Im Gottesdienst können die Kinder Glauben erfahren, einmal still werden, sich konzentrieren. Nebenbei vermitteln wir auch Wissen. Die Kinder lernen, wie sie ein Kreuzzeichen machen, und das Vaterunser aufzusagen“, sagt Diakon Andreas Mangold. Die Eltern einbinden, das findet auch Gemeindereferentin Gabriele Sura zentral. „Damit der Glaube nachhaltig wachsen kann, muss er mit dem Alltag verknüpft werden“, sagt sie. Darüber hinaus betonen die Verantwortlichen die Freiwilligkeit. Wenn sich Eltern finden, die sich als Katecheten einbringen möchten, dann können sie Gruppenstunden vor Ort anbieten. Im letzten Jahr gab es welche. In diesem Jahr nicht. „Wir üben keinen Druck aus. Niemand muss Voraussetzungen erfüllen, um die Eucharistie zu empfangen. Das ist unser Glaube. Wir schauen auf die Menschen. Welche Möglichkeiten haben sie?“, denkt Sura. Die großen Entfernungen in ihrem eher ländlichen Pastoralraum spielten bei den Eltern keine Rolle. Sie seien es gewohnt zu fahren, meinen die Hauptamtlichen.
Der Mainzer Pastoraltheologe Hubertus Brantzen hat mehrere Handreichungen zur Familienpastoral verfasst und ist im Leitungsteam der Akademie für Ehe und Familie. Er sagt: „Eine Sozialisation in das Glaubensgefüge und in die Glaubenspraxis der Kirche ist auch eine Frage langsamen und ganzheitlichen Wachstums.“ Kompaktkurse in einer Woche oder am Wochenende sieht er daher eher kritisch. Er verweist auf eine Statistik, dass seit der Corona-Pandemie nur noch vier Prozent aller Katholiken sonntags in den Gottesdienst gehen. Er schließt daraus: „Nicht mehr das Milieu und nicht mehr die selbstverständliche Zugehörigkeit zu unserer Glaubensgemeinschaft sind der Rahmen für die Erstkommunionvorbereitung, sondern echte Entscheidungen. In Zukunft werden es Eltern sein, die bewusst ihren Glauben leben.“
Die veränderte Situation der Familien, die Gemeinden vor Herausforderungen stellt, betrachtet er mit einer positiven Haltung. Auch wenn die Eltern keine Kirchgänger sind, könnten sie seiner Meinung nach die Kinder gut vorbereiten. „Wenn in den Kindern die Erfahrung gewachsen ist, dass ihre Eltern das Beste für sie wünschen, ihnen Liebe schenken, dann können die Kinder frohen Herzens auch zum Glauben an einen Gott hingeführt werden, der schon immer ihr Leben liebevoll begleitet hat“, erklärt Brantzen. „Wenn sie bei der Vorbereitung für den großen Tag die Kinder spüren lassen, dass auch sie die Eucharistie wertschätzen, dann hilft dies mehr als 1000 Worte. Wenn die Eltern Geschenke aussuchen und darauf verweisen, dass diese Geschenke zeigen sollen, wie wichtig das Geschenk der Freundschaft mit Jesus ist, dann haben sie eine gute Grundlage für den Glauben gelegt.“ Dafür, denkt er, sollte man die Eltern wertschätzen. „Es wird sie sehr motivieren, wenn man ihnen für das dankt, was sie alles für ein gelingendes Leben ihres Kindes beitragen“, sagt Branzen.