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Ein Tag für einen letzten Wunsch

Das Projekt „Herzenswunsch“ der Malteser ermöglicht Schwerkranken besondere Ausflüge

Krankenwagen der Malteser kennt man von Rettungseinsätzen. Sie sind aber nicht nur rasend schnell mit Blaulicht unterwegs, sondern manchmal auch ganz gemütlich im Einsatz für die gute Sache. In der Diözese Mainz ganz neu für die Aktion „Herzenswunsch“.

Stellen Sie sich vor, Sie wären schwerkrank und Ihre Lebensuhr bald abgelaufen. Was würden Sie gern noch einmal tun? Welches Erlebnis könnte Sie von Ihren Schmerzen ablenken und vor der Angst vor dem Tod? Und stellen Sie sich vor, es gäbe Menschen, die sagen: ‚Kein Problem. Kriegen wir hin. Wir bringen dich ans Meer. Zu der alten Freundin, die du jahrzehntelang nicht gesehen hast. In den Zoo. Wir sorgen dafür, dass du das einfach machen kannst – gut begleitet und medizinisch abgesichert.‘ Wäre das nicht ein Traum?

Das Malteser Projekt „Herzenswunsch“ hilft, genau solche Träume wahr werden zu lassen. Unheilbar kranke Menschen dürfen ein paar unbeschwerte Stunden erleben – egal ob jung oder alt. In der Diözese Mainz ist Ende Oktober offiziell das Herzenswunsch-Projekt gestartet, dass es bereits an einigen weiteren Standorten der Malteser in Deutschland gibt. „Wir sind im Bistum Mainz mit drei ambulanten Hospizdiensten vertreten. Da liegt es nahe, auch hier den „Malteser Herzenswunsch“ anzubieten – es ist ein Dienst, der uns bisher gefehlt hat“, sagt Dagmar Bauer, die Pressereferentin der Malteser im Bistum Mainz ist und im Projektteam mitarbeitet.

Eine der Menschen, die ihre Freizeit gern für die gute Sache einsetzen, ist Birgit Vedder. Sie arbeitet im Aufnahmemanagement eines Malteser-Seniorenheims im hessischen Langen und ist darum mit dem Thema Lebensende vertraut. Als die Malteser den Dienst „Herzenswunsch“ in der Diözese aufbauten, wollte sie gleich mitmachen.

Schon im vergangenen Dezember durfte Birgit Vedder eine erste Fahrt begleiten: Eine Seniorin aus Neu-Isenburg mit chronischer Lungenerkrankung wünschte sich eine Fahrt zu einem Weihnachtsmarkt. Die Dame kann durch ihre Krankheit nie das Haus verlassen. Für das Herzenswunschteam war schnell klar, dass sie ihr die Freude machen wollten. So verbrachte die Seniorin eine glückliche Zeit auf dem Weihnachtsmarkt in Heusenstamm: „Sie war schon beim Abholen gerührt und voller Vorfreude“, berichtet Birgit Vedder. „Und sie hat gleich zu den anderen Helfern und mir gesagt: ‚Eine Bratwurst und einen Kinderglühwein möchte ich heute auf jeden Fall genießen!“

Viel Organisation im Vorfeld

Bevor es losgehen konnte, musste allerdings einiges organisiert werden: „Wir haben eine Checkliste erstellt mit Dingen, die wir beachten mussten“, so Vedder. Für den Notfall wurde etwa ein Ort am Weihnachtsmarkt festgelegt, an dem man die Patientin hätte erstversorgen können. „Für alle Fälle hatten wir sogar Sauerstoff an Bord, das kam aber zum Glück alles gar nicht zum Einsatz.“ Der Transport wurde von einem Fahrer, einer weiteren Ehrenamtlichen, einem Einsatzsanitäter und Vedder begleitet, die auch ausgebildete Rettungssanitäterin ist.

Eine gute Stunde dauerte die Tour. Die alte Dame genoss es sehr. „Irgendwann sagte sie: ‚Jetzt ist es gut, jetzt ist mir mein Wunsch erfüllt worden.‘ Man hat gespürt, dass ihre Kraft nun aufgebraucht ist, sie wollte heim“, erinnert sich Birgit Vedder. „Später hat sie mir erzählt, dass sie an diesem Abend gut eingeschlafen ist und schöne Träume hatte.“

In der Diözese Mainz wurden bereits 40 Helferinnen und Helfer qualifiziert. Sie sollten aus einem Beruf aus dem Bereich Medizin oder Rettungsdienst kommen, müssen aber keine Malteser sein. In ihrem Dienst beim Herzenswunsch haben die Ehrenamtlichen eine begleitende Rolle, keine aktive. Den Einsätzen geht eine Schulung voraus (siehe Kasten). „Die ehrenamtlichen Begleiter müssen aushalten können, dass sie einen Menschen in einer existenziellen Ausnahmesituation begleiten, der bald sterben wird“, sagt Dagmar Bauer. Das ist vielleicht die wichtigste Voraussetzung für den Einsatz.

Birgit Vedder freut sich jedenfalls schon auf ihre nächste Fahrt mit dem Herzenswunschwagen: „Ich selbst war so glücklich und in meinem Herzen berührt von dieser Fahrt“, erzählt sie. „Und ich hoffe, dass es diese Aktion der Malteser immer noch gibt, wenn ich selbst einmal alt bin und in einer solchen Lage sein sollte.“

Info:

Voraussetzung für den Dienst bei „Herzenswunsch“ die Teilnahme an einer Schulung. Darin geht es um Themen wie Gesprächsführung, Nähe und Distanz, Sterben und Tod. „Im Malteser Herzenswunsch findet eine Vernetzung zwischen Ehrenamtlichen aus dem sogenannten Blaulichtbereich wie etwa dem Sanitätsdienst und aus dem sozialen Ehrenamt wie dem Hospizdienst statt“, so Dagmar Bauer. „Medizinisch qualifizierte Helfer begleiten mit medizinischem Fokus. Bei der sozialen Begleitung liegt der Fokus auf dem Gespräch. Das erfordert eine hohe Sensibilität und Empathie, um auf den Gast eingehen zu können: Welche Bedürfnisse hat er oder sie? Reden, schweigen oder vielleicht beten? Oft reicht es auch, die Hand zu halten und einfach da zu sein.“