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Was macht eine christliche Familie aus?

Jetzt im Frühling beginnt wieder die Hochzeitssaison. Viele Paare werden den Bund der Ehe eingehen im Standesamt und in der Kirche. Auch Marion Siml und Arno Hernadi aus Mommenheim haben kirchlich geheiratet. Sie sind sich sicher: Gott war bei der Eheschließung dabei und begleitet sie in ihrem Alltag. Für sie ist die Ehe eine Berufung. Zu ihrer Familie gehören drei Kinder im Schulalter und eine Tochter, die bereits ausgezogen ist. Bei der Akademie für Ehe- und Familie haben sich der Religionslehrer und die Physiotherapeutin zwei Jahre lang als Ehe- und Familientrainer ausbilden lassen und wurden 2018 von Bischof Peter Kohlgraf zu dieser Aufgabe beauftragt. Die Akademie wurde von Ehepaaren aus der Schönstatt-Familienbewegung gegründet. Im ersten Jahr haben sie sich Gedanken über ihre eigene Situation gemacht. Wie sieht ihre Ehe aus, aus welchen Herkunftsfamilien kommen sie, wie stellen sie sich ihre Zukunft vor? Im zweiten Jahr ging es darum, wie sie ihre eigenen Erfahrungen teilen können. Es war sehr praxisorientiert. Sie haben die klassische Familie im Blick mit Eltern und Kindern.

In einer Familie mit vier Kindern geht es bestimmt turbulent zu. Ist im Alltag Platz für den Glauben?

Marion Siml: Für uns ist der Glaube zentral im Familienleben. Hier im Regal haben wir unser Hausheiligtum eingerichtet, eine Tradition der Schönstattbewegung. In der Ecke versammeln wir alles, was uns heilig und wichtig ist, ein Buchszweig von Palmsonntag, ein Foto eines Freundes, der gestorben ist, ein Geschenk, das meine Tochter bei der Erstkommunionsvorbereitung bekommen hat. Dieser Hausaltar zeigt uns, dass Gott in unserem Alltag erfahrbar ist und uns begleitet. Darauf können wir vertrauen. Es ist ein wichtiger Ort für unsere gemeinsame Familienzeit.

Ist er eine konkrete Hilfe?
Mit dem Gefühl, ich bin nicht allein, Gott ist dabei, ist Schweres leichter zu ertragen. Manchmal komme ich bei der Erziehung an meine Grenzen. Das ist nur eine Kleinigkeit. Aber wenn eines meiner Kinder einen Trotzanfall bekommen hat, fühlte ich mich oft hilflos. Da ist der Gedanke, Gott begleitet uns auf unserem Weg, sehr tröstlich und entlastend. Ich weiß, am Ende wird alles gut. Jemand hält es zusammen. Auch die Rituale sind eine Hilfe. Umso näher man sich steht, umso eher kommt es zu Verletzungen. Das passiert im Alltag. Für mich ist es sehr wichtig, meine Kinder vor dem Schlafengehen zu segnen, egal was am Tag vorgefallen ist. Das ist sehr versöhnlich.

Arno Hernardi: Genau wie der Friedensgruß im Sonntagsgottesdienst. Die Rituale geben Rahmen vor, in denen Versöhnung leichter möglich ist. Der Glaube gibt auch unserem Leben Tiefe. Wenn wir dankbar nach dem Wirken Gottes in unserem Leben schauen, lernen wir die kleinen Dinge wertzuschätzen.

Was macht ihre Familie katholisch?
Arno Henadi: Wir lassen uns von der Frage leiten: „Wie gelingt ein Leben in Fülle.?“, das Jesus für uns möchte. Entscheidungen treffen wir ganz bewusst. Was ist uns wichtig? Welche Bedürfnisse hat jeder von uns? Innerhalb der Schönstatt-Familienbewegung haben wir uns über die evangelischen Räte Gedanken gemacht, auch über die Armut. Wir haben entschieden, nur so viel zu arbeiten, dass das Geld für die Dinge reicht, die wir wirklich brauchen. Wir haben gelernt, dass Statussymbole unnütz sind. Ich habe daher meine Stelle für die Familie reduziert. Marion arbeitet so viel, dass es gut mit dem Familienleben vereinbar ist. Wir leben eigentlich eine absolute gleichberechtigte Partnerschaft. Für meine Frau ist ihr Beruf auch eine Berufung. Jedoch ist es nun mal in unserer Gesellschaft so, dass Marions Beruf nur sehr schlecht bezahlt wird. Deshalb haben wir für uns entschieden, dass ich als relativ gut verdienender Lehrer, deutlich mehr arbeite als meine Frau, damit wir unsere Leben gut finanzieren können.

Marion Siml: Wir haben Werbebroschüren komplett abbestellt und schauen auch keine Werbung im Fernsehen. Sie können so keine Bedürfnisse nach etwas wecken, das wir eigentlich nicht brauchen. Das ist sehr erleichternd.

Was ist für sie christliche Erziehung?

Marion Siml: Wir möchten unseren Kindern gute Wegbegleiter sein. Wir überlegen, was brauchen sie zum Wachsen? Was bedeutet für sie ein Leben in Fülle? Die Bibel betont immer wieder die Bedeutung des Miteinanders. Wir versuchen möglichst viel Zeit miteinander zu verbringen. Wir gehen zusammen spazieren oder machen abends Spiele.
Arno Hernadi: Jedes Kind ist ein Original. Unsere Kinder dürfen sich ausprobieren. Wir versuchen herauszufinden, was Gott in unsere Kinder hineingelegt hat. Das möchten wir bestärken. Da scheuen wir auch keine Kosten und Mühen. Wir versuchen sie gleichzeitig davon fernzuhalten, was ihrem glücklichen Leben im Wege steht, wie permanenter Handy-Konsum. Wir können und wollen sie nicht von ihrer Umwelt isolieren, aber versuchen ihnen mit klaren Regeln eine Richtung vorzugeben. Wir stellen Grenzen auf und stärken ihre Eigenständigkeit. Sie dürfen mit dem Tablet spielen, aber nur unter bestimmten Bedingungen. Sie dürfen Fernsehen schauen, aber nicht jede Sendung.
Marion Siml: Es wird in den nächsten Jahren noch eine echte Herausforderung.

Sie hatten als Schwerpunkt bei ihrer Abschlussarbeit bei der Ausbildung das Thema „Beziehungsorientiertes Zeitmanagement“ gewählt. Was können Sie raten?

Arno Hernadi: Wir sind bei der Geburt unseres zweiten Kindes massiv an unsere Grenzen gestoßen und haben überlegt: Was können wir ändern? Welche Bedürfnisse hat jeder von uns? Wer braucht wieviel Freiraum? Wir haben uns dann für uns eine unkonventionelle Lösung gefunden und für den Samstagvormittag einen Babysitter engagiert. Wir hatten dann gemeinsam ein paar Stunden frei, um Zeit für uns beide zu haben und auch, um einiges erledigen zu können. Mittlerweile brauchen wir den freien Samstagvormittag nicht mehr. Die Situationen ändern sich. Aber es ist wichtig im Gespräch zu bleiben. Wir tragen jetzt im Kalender ein, wann wir uns Zeit nehmen, um in Ruhe miteinander zu reden.

Theresa Breinlich
Glaube und Leben
Mai 2023